Lagerfriedhof St. Martin

(Aus der Jungbauer-Chronik, Seite 113-116)

Einen schön gelegenen Platz im Lager hatte man beim Brandmayr-Hölzl im Gemeindegebiete Traun für den Friedhof und die Kapelle gewählt. Einfach und hübsch präsentierte sich die Kapelle und der Lagerfriedhof von der Eisenbahn aus. Im Arkadengang neben der Kapelle waren an der Wandfläche auf mit Pax überschriebenen vierteiligen Feldern auf gusseisernen Platten in fortlaufender Zahl Name und Regiment der im Lager verstorbenen russischen Kriegs- gefangenen verzeichnet. Die Namensliste der vom 21. November 1914 bis 6.Februar 1915 verstorbenen 48 russischen Kriegsgefangenen war am 6.Februar 1915 beim Stabsgebäudebrande im  Gefangenenlager Kleinmünchen mitverbrannt, weshalb das Verzeichnis mit Nummer 49 beginnt. Ende September 1916 waren schon nahezu 700 Verstorbene.Vor dem Arkadengange erhob sich zwischen zwei anfangs mit zwei Trauereschen, die später zwei Fichtenbäumchen Platz machen mussten , bepflanzten Beeten eine Mariensäule .Durch den Friedhof führte ein breiter mit Kastanien bepflanzter Weg, neben den sich zu beiden Seiten die Grabstätten in schöner Reihenfolge zeigten, alle gleichgehalten und mit einem einfachen nur die fortlaufende Nummer tragenden Betongrabstein versehen. Nur in der Ecke des Friedhofes unter und zwischen den Föhren waren einige Grabkreuze mit den Namen der Verstorbenen aus der Lagerwachmannschaft und auch solche ohne Namen. Zwischen der Kapelle und dem Föhrenwäldchen erstand im Jahre 1917 ein von russischen Kriegsgefangenen gefertigter Grabdenkstein aus rotem Marmor. Links davon war ein mit Klaubsteinen umkleisteter Grabhügel mit einem russischen Kreuze, wahrscheinlich die Ruhestätte eines russischen Kriegsgefangenen höheren Ranges. Der Friedhof war wie das Lager mit einem Drahtzaun eingefriedet und  hatte nur einen jedermann gestatteten Eingang. Zu den kirchlichen Funktionen nach röm.kath. Ritus wurde bis zum Jahre 1917 der Pfarrer von Traun geholt. Im Winter 1916/17 besonders während der hierorts ungewohnten Kälte von Mitte Jänner bis Mitte Februar 1917 hörte man oft von schauerlichen Gerüchten über ein Massensterben im Lager Wegscheid infolge der schlechten Ernährung und der wegen Kohlenmangels nicht geminderten Kälte in den Baracken. Tatsache war, dass das Kriegsgefangenenlager eine Sammelstelle für Kranke russische und auch serbische Kriegsgefangenen geworden war und deshalb die Sterb- lichkeit sich erhöht hatte . Deshalb musste auch zum erstenmale der Friedhof gegen die Bahn, St Martin zu, vergrößert werden.

Ende März 1917 betrug die Zahl der Verstorbenen aus dem Lager nahe bei 1.100, im Sommer 1917 zirka 2.000; die letzte Nummer auf den gusseisernen Platten in der Bogenhalle aber war 1105. Mit dem Einzug der kriegsgefangenen Italiener ins Lager Wegscheid steigerte sich die Zahl der Toten vom November 1917 an ins Erschreckende. Die Italiener, direkt aus dem Kampfgebiete kommend, waren erschöpft und ausgehungert und hatten in den ungeheizten Baracken ohne Decken und Stroh unter der Kälte viel zu leiden. Die Sterblich-

keit war dementsprechend auch sehr hoch. Infolge Unterernährung starben täglich 30-50, ja an einem Tage sogar 63, fast nur Italiener meist an Oedem (Kriegswassersucht). Seit Jänner 1918 wurden die Toten in nach Osten zu erweiterten Friedhofe in Massengräbern zu zwanzig für jede Grube beerdigt. Der Verstorbene wurde in einer aus vier ungehobelten Brettern zu-

sammengenagelten Totentruhe, deren Deckel ungefähr drei Finger hoch offen gehalten war, nacktliegend, in die Erde gesenkt. Anfangs März 1918 waren bereits 3.050, anfangs Juni 1918  4.200 und am 13. Juli 1918 schon 5.130 im Lagerfriedhofe ruhende Kriegsgefangene.

Die Zahl der Massengräber betrug an diesem Tage 13 St. Das Verzeichnis der Verstorbenen in der Arkade aber zeigte noch immer als Letztverstorbenen  die Nummer 1105 ……….

Nach Aufarbeitung des Materials im März 1921 durch den nach dem Zusammenbruche der Monarchie zum Administrator bestellten kriegsinvaliden Off.Stellv. Johann Kögl betrug die Zahl der im Lagerfriedhofe Ruhenden zusammen 5171 u. zw. 92 Österreicher, 1346 Italiener, 3699 Russen, 27 Serben, 5 Rumänen, 1 Montenegriner, 1 Schweizer.